Ich hatte mein Thema für den Juli-Blog bereits. Ich merkte aber gleichzeitig, dass ich keine Lust hatte, wieder „gleich“ zu schreiben. Die Themen der letzten Blogs, die von meinem Inneren Kind kamen, waren zwar unterschiedlich und wundervoll, doch hatten die Geschichten eine gewisse Ähnlichkeit, einen ähnlichen Ablauf. Ich hatte das Bedürfnis nach etwas Neuem. Ich bin kein Mensch der vielen Wiederholungen. Ich mag Veränderung, neue Facetten, frischen Wind. Möglicherweise bin ich da etwas extrem… Ja, ich habe etwas gegen die „lähmende Gewöhnung“, von der Hermann Hesse in seinem Gedicht „Stufen“ spricht.

So war ich selbst gespannt, ob ich den Blog überhaupt schreiben werde.

Vor ein paar Tagen, als ich wieder an diese Sache dachte, tauchte mein Inneres Kind auf. Ich habe es nichts gefragt, denn das Blog-Thema hatten wir ja schon geklärt gehabt. Aber ich hörte dieses wunderbar unberechenbare Kind trotzdem zu mir sprechen: „Wir reden über deine Kindheit.“Ich war total überrascht. „Über meine Kindheit?!“ erwiderte ich sehr erstaunt und erkannte gleichzeitig dass mein Inneres Kind in einem Sessel vor mir saß mit einer Kindergarten-Tasche um die Schulter.

„Ah, ok, jetzt geht es um mich, nicht um einen Blog“, dachte ich (als ob es in den Blogs nicht um mich gegangen wäre, hahaha…). Es ist also eine „private Lecture“ für mich, was jetzt kommt… Denn wer will schon wissen, was mein Inneres Kind mir zu meiner Kindheit zu sagen hat?“, so meine Gedanken. Da ging es auch schon los…

Mein Inneres Kind marschierte mit seinem Täschchen an mir vorbei.

Ich hinterher. Ich fand uns auf der Straße wieder, die damals zu meinem Kindergarten führte. „Oje“ dachte ich, „das fängt ja gut an. Dies ist kein freudiger Weg… Wie muss es wohl meinem Inneren Kind jetzt ergehen?!“ Denn dieser Weg war für mich der schlimmste, den ich je in meinem Leben gegangen bin. Andererseits wusste ich, dass es kein Zufall war, dass wir in dieser Phase meines Lebens gelandet sind. Denn in der letzten Zeit tauchten in mir ein undefinierbarer Schmerz und eine Angst auf, die ich nicht zuordnen konnte und für die ich den Grund auch in meiner Kindheit nicht fand. Ich wollte das Ganze erlösen, aber ich wusste nicht, wo ich dafür hingucken muss, war ratlos und bat innerlich um Hilfe.

Ich schaute also zu meinem Inneren Kind, checkte kurz die Lage, konnte aber außer einer außerordentlichen Entschlossenheit nichts bei ihm erkennen. Es ging ihm nicht schlecht. Es ging einfach mit energischen Schritten vor mir her.

„Wie geht es denn mir?“, war mein nächster Gedanke. Ich bin diesen Weg damals Tag für Tag laut schreiend gelaufen. Ich habe mir nicht nur meine Seele aus dem Leib geschrien, sondern auch die Nachbarn aus ihren Betten. Jeden Morgen. Meine arme Schwester (die selbst erst etwa 8 Jahre alt war) hatte die furchtbare Aufgabe, mich jeden Morgen dorthin zu schleppen, gegen schlimmste Proteste meinerseits.

Ich sehe jetzt noch die Tür, die sich täglich hinter ihr wieder schloss

und mich in diese für mich furchtbare Welt einsperrte. Bis in den Nachmittag hinein. „Was war für mich damals so schlimm?“, fragte ich mich in meine Erinnerungen eingetaucht, während ich hinter meinem Inneren Kind herlief. Diese Frage habe ich mir komischerweise noch nie wirklich gestellt. Oder gestellt, aber nicht beantworten können.

Inzwischen waren mein Inneres Kind und ich im Kindergarten angekommen. Er war leer, keine Kinder, keine Erzieher, nur die Möbel. Und ich konnte mich plötzlich erinnern: Ich hatte damals jedes Mal Angst, dass ich nicht mehr von dort abgeholt werde. In meiner persönlichen Welt bestand die konkrete Gefahr, dass man mich nicht wieder mit nach Hause nimmt. Ich hatte meine Gründe dafür. Als ganz kleines Kind wurde ich zu meiner Oma gegeben, ohne dass ich begriffen hätte, was da passiert.

Eines Tages bin ich aufgewacht und war nicht mehr zuhause.

Ich wusste nicht warum. Ich wusste nicht, was geschehen ist. Ich wusste nicht, wo meine Mutter, meine Familie geblieben sind. Das wollte ich nicht nochmal erleben. Man weiß ja nie, beim ersten Mal ist es ja auch aus heiterem Himmel passiert… Beim Nachmittagsschlaf im Kindergarten bin ich immer wach geblieben. Die ganze Zeit guckte ich auf den Rücken des Kindes, das neben mir lag (wir mussten immer mit dem Rücken zueinander liegen) und wartete, bis das „Pflichtprogramm Schlafen“ endlich beendet war. Tag für Tag.

Dazu kam noch, dass ich mich im Kindergarten überhaupt nicht dazugehörig, sondern wie ein Fremdkörper fühlte. Nach den Jahren bei meiner Oma wieder in die Stadt zu meiner Familie zurückgekehrt, musste ich feststellen, dass ich durch das idyllische Landleben ganz anders geworden war (inklusive meiner Sprache) als die Stadtkinder… Ja, so war das und das Schreien machte langsam Sinn…

Aufgetaucht aus diesen Erinnerungen sah ich wieder mein Inneres Kind. Es stand mitten im Raum und öffnete seine kleine Tasche, die es immer noch um die Schulter trug. Ich sah, dass einige dunkle Schatten aus der Tasche heraussprangen, wie kleine schwarze Monsterchen. Und erst jetzt erkannte ich, wie schwer die Tasche eigentlich war. „Ah, ich verstehe“, dachte ich… „Das sind die Schatten aus dieser Zeit, die mein Inneres Kind bis heute bei sich getragen hat. Sie gehören hierhin, zu dieser Geschichte.“ Und dann dachte ich weiter: „Ok, nun sollten wir jetzt all die hier noch vorhandenen schlechten Energien, all die Erinnerungen, die noch rumgeistern einsammeln und auflösen“. „Wir könnten sie in die Tasche füllen und alles samt Tasche verbrennen!“, war meine nächste Idee.

Ich hatte voll den tollen „Heilungsplan“

dachte ich und sah schon das Feuer lodern, doch mein Inneres Kind hatte wieder mal seine eigenen Pläne. Klar. Wie immer. Scheinbar wollte es seine Tasche nicht verbrannt haben. Verstehe ich irgendwo… Stattdessen nahm es mich an die Hand und lief mit mir los. Ich spürte seine kleine, warme, weiche, samtige Hand in meiner Hand und folgte seiner Führung. Wir gingen Raum für Raum durch den Kindergarten. In mir entstanden dabei neue tolle Vorstellungen, welche Heilungsschritte wir gleich vollziehen können (nein, ich konnte es immer noch nicht lassen, ich bin es ja durch die Arbeit mit meinen Klienten gewohnt, nach Lösungswegen zu suchen). Dann auf einmal schaute mein Inneres Kind zu mir hoch. Es lächelte und sagte: „Ich glaube, das ist ein schöner Kindergarten“. Es wirkte erlöst, befriedet, entspannt, fröhlich. Und ich wusste:

Es ist durch! Die Heilung ist geschehen. Es ist nichts Weiteres nötig.

Wow! Ich bin jetzt noch tief berührt von diesem Moment.
Und ich wusste sofort: Das möchte ich teilen. Das möchte ich dir erzählen. Was ich erlebt habe, ist mehr als eine „nur private Geschichte“. Es ist das Wunder „Inneres Kind“, das sich mir wieder offenbarte. Dieses Wunder möchte ich für dich sichtbar machen. Und ich möchte dir mit dieser Geschichte Mut machen: Habe keine Angst vor der Vergangenheit. Meide sie nicht, denn dort liegt deine Heilung, dort liegen deine Freiheit und dein Glück, in den alten Geschichten gefangen. Befreie sie! Vertraue deinem Inneren Kind. Heilung kann ganz leicht geschehen, wie du das bei mir gesehen hast. Lass dich ein. Folge deinem Kind, es wird stets den besten Weg für dich wählen. Denn, wie bei mir auch, weiß dein Inneres Kind am besten, wo der richtige Ansatz ist. Mache dein Inneres Kind zu deinem Freund, zu deinem Begleiter. Es gibt niemanden, dem du mehr vertrauen kannst, denn es gibt niemanden, der dich mehr liebt.

Und am Ende habe ich noch erkannt: Dies war eine andere Geschichte. Mein Inneres Kind hat meinen Wunsch nach einer neuen Art von Geschichte verwirklicht. Einfach so, ohne darüber gesprochen zu haben. Einfach so, ohne Worte. Weil wir ein unschlagbar gutes Team sind.

Und wieder reichen die Worte nicht mal ansatzweise, um mein berührt sein, meine Dankbarkeit, meine Freude auszudrücken. Gut, dass Liebe keine Worte braucht. Denn das ist, was aus meinem Herzen strömt: Ein gewaltiger Strom der Liebe. Er strömt einfach, zu meinem Inneren Kind und zu mir selbst und zu allen Inneren Kindern dieser Welt. Auch zu deinem.

In Liebe,