Meine Armbanduhr brauchte ein neues Band. Ich suchte eins im Kaufhaus aus und gab es, mit meiner Uhr zusammen, dem Uhrmacher in dem Servicebereich der Uhr-Abteilung. Ich schaute fasziniert zu, wie er mit seinem feinen Werkzeug das kaputte Band geschickt abnahm und das neue befestigte. Erst die eine Seite, dann … sagte ich spontan „Stopp“! … „Moment, warten Sie mal, lassen Sie es so!“ Der Uhrmacher schaute mich erstaunt an. Ich sagte noch einmal, „Ja, lassen Sie es bitte so!“ Unverständnis in seinem Gesicht. Die Hand mit der Pinzette blieb in der Luft stehen. „Tauschen Sie die zweite Seite nicht aus“ bestärkte ich erneut! „Das alte Band ist da ja nicht kaputt und es sieht nett aus mit den zwei verschiedenen Farben. Mal was anderes…!“ Immer noch Unverständnis, jetzt gepaart mit Verwirrung in dem Gesicht des Uhrmachers. Ich konnte sehen, dass es überhaupt nicht in seine Weltordnung passte, die Uhr so „halbfertig“ aus der Hand zu geben. So beruhigte ich ihn, dass es schon in Ordnung wäre, wenn er nur die eine Seite austauscht. So will ich es haben…
„Meinen Sie wirklich?!“
Er schaute auf die Uhr, dann auf die zweite Hälfte des Uhrenarmbandes in der Verpackung, dann wieder zu mir.
Ja, ich meinte es wirklich.
Nun gab er mir endlich die Uhr und die Packung mit der nicht gebrauchten Hälfte des Bandes – falls ich´s mir später anders überlege…
Ich sah die Uhr freudig an. Witzig sah sie aus, ungewöhnlich.
Da erst habe ich bemerkt, dass wir nicht mehr alleine waren,
der nächste Kunde wartete schon darauf bedient zu werden. Ein Mann, ca. 45 Jahre, mit einer Frau in Begleitung. Ich lächelte ihn an und zeigte meine Uhr: „Sieht doch nett aus, oder?“. Der Mann sagte nichts, schaute mich nur ganz verschmitzt an und guckte nach unten. Ich folgte seinem Blick und sah, dass er seine Hosenbeine langsam höher zog. „Was wird das jetzt?“, dachte ich noch kurz… Aber mehr Zeit zum Rätseln hatte ich nicht, denn da sah ich sie schon: Die zwei verschiedenfarbigen Socken, die unter seinen hochgezogenen Hosenbeinen hervorblitzten. „Und ich habe DIE heute morgen SO angezogen“, sagte er lächelnd. Ich begriff sofort, es war kein Versehen. Und scheinbar hatte er so viel Spaß an diesem kleinen Anormalität, wie ich an meiner Uhr in dem neuen Look.
Da war es…! Das Innere Kind eines gestandenen, gutbürgerlichen Mannes,
mitten im Kaufhaus. Kindliche Freude funkelte in seinem verschmitzten Blick, sie strahlte aus seinem Erwachsenen-Gesicht. Das Kind zeigte sich, weil es mein Inneres Kind in seinem Spiel mit dem Uhrenarmband erkannte. Zwei völlig fremde Innere Kinder begegneten sich und teilten ihre Freude am Spaß. Ihren Spaß am Leben. Einfach so. Spontan. So sind Kinder. Wenn man Ihnen Raum gibt. So ist das Innere Kind. Wenn es lebendig ist.
In mir kam Freude auf. „Finde ich super!“ sagte ich zu dem Mann, wünschte einen schönen Tag und verließ das Kaufhauss. Mit einem Lächeln in meinem Gesicht und vor allem im meinem Herzen.
Später habe ich noch über diese Begegnung nachgedacht. Eigentlich ist nichts Besonderes passiert und doch war es besonders. Ich teile diese Geschichte mit dir, weil ich dir damit sagen möchte:
Trau dich, deiner inneren Freude zu folgen. Habe den Mut, anders zu sein, DU zu sein, dich zu zeigen, „es anders zu machen“.
Sei authentisch, auch wenn´s im Rahmen der Norm ungewöhnlich erscheint. Oder verrückt. Ja, verrücke ab und zu von der Norm. Mache ruhig ab und zu „verrückte“ Sachen, die dir Spaß machen. Das hält das Kind in dir lebendig. Probiere es aus! Vielleicht bist du dann für einen Moment „ein Spinner“. Aber früher oder später werden sich auch Andere zu dir gesellen. Authentische, positive Menschen. Menschen, die sich trauen, ihren Alltag nach ihrer eigenen Seelenfarbe zu gestalten, anstatt nach dem Prinzip von „Normalsein“. Genau sie sind es, die das Leben bewegen, es lebendig halten, Neues erschaffen. Sie werden eine Bereicherung für dein Leben sein.
Lasst dein Inneres Kind lebendig sein. Es wird deinen Alltag fröhlicher, leichter, bunter machen.
Lasst dich ab und zu von ihm an die Hand nehmen. Dich in die freudigen Winkel des Lebens entführen. Sie sind überall um dich herum vorhanden.
Ein Kinderherz, das frei ist, zieht Freude an. Weil es Freude ist. In dir schlägt dieses Kinderherz. Tue alles dafür, dass du seinen Beat hörst.
Herzlichst
Hallo liebe Sina,
das ist ja eine zauberhafte Geschichte!!!Danke dafür, dass Du sie teilst! Man kann, nicht nur an Fasching, verrückte Dinge anziehen und sich und sein inneres Kind mal zeigen!!
Danke Thomas 🙂
Ja, ich sehe das immer bei den Teilnehmern in dem Workshop, wie gut es ihnen tut, sich zu erlauben, mal etwas „verrückt“ zu sein. Und was für eine Freude ihr Inneres Kind hat, wenn es sich mal nicht an die Erwachsenen-Regeln halten muss.